Blogpost vom 19.04.2015
Mein Weg zum Halbmarathon
Im September 2014 bin ich das erste Mal gelaufen. Erst 3, dann 5, dann 8 und am Ende 10 Kilometer. Immer den Strand entlang. Um Weihnachten herum habe ich mich dann für den HAJ Hannover Marathon am 19. April 2015 angemeldet.
Es begann eigentlich aus einer Laune heraus. Wie jeden Morgen im Sommerurlaub bin ich nach dem Aufstehen ins Meer gesprungen. Erstens um wach zu werden und zweitens ist die Stimmung am Meer früh morgens immer etwas Besonderes. Als ich wieder aus dem Wasser kam, lief ich zum Spaß den Strand entlang um an der Luft zu trocknen. Am Ende waren es drei Kilometer und ich fühlte mich richtig gut. Trotz fehlender Schuhe und Barfußlaufens, kein Schnaufen und keine Erschöpfung. Zwei Tage später lief ich dann 5 Kilometer. Nach einer Woche wollte ich es wissen und lief 10 Kilometer am Stück. Auch das: Kein Problem. Allerdings, dass muss man dazu sagen, fuhr ich seit ca. 6 Monaten regelmäßig Rennrad – zuletzt rund 100 Kilometer pro Woche. Highlight der Saison war meine 200km-Tour durch den Harz.
Zurück aus dem Urlaub ging mein erster Weg in Det’s Laufshop zum Schuhkauf. Von da an bestand mein Trainingsplan aus drei Läufen pro Woche. Zwei Mal 5 Kilometer und 1 Mal 10 Kilometer am Wochenende. Am 25. Oktober bin ich das erste Mal die Halbmarathon-Distanz von 21,0975 Kilometern gelaufen. Und das in unter 2 Stunden. Kurz nach Weihnachten und nach weiteren zwei Halbmarathon-Distanzen habe ich mich dann für den Hannover Marathon 2015 angemeldet. Dann aber für die 42,195 Kilometer.
Das IT-Band ist kein Springseil für Entwickler
Am 2. Januar war es dann soweit. Nach einer gemütlichen 10-Kilometer-Runde waren sie da: Die stechenden Schmerzen im rechten Knie. Besonders das Treppensteigen hat keine Freunde gemacht. Als es nach einigen Tagen nicht besser wurde, wagte ich den Gang zum Allgemeinmediziner und Chiropraktiker. Diagnose: Überlastung der Lenden- und Gesäßmuskulatur; das Knie und andere Muskeln sind definitiv nicht betroffen. Mit etwas Tape sollte sich das relativ schnell lösen. Als nach zwei Wochen keinerlei Besserung festzustellen war, ließ ich mich vom Orthopäden untersuchen. Dieses Mal war die Diagnose: Verkürzung und Verhärtung des tractus iliotibialis, also der Außenmuskulatur am Oberschenkel die dann zu einer Reizung des Knies führt. Besser bekannt als Läuferknie oder IT-Band Syndrom. „IT-Band Syndrom – bitte was?“. Noch vor kurzem hätte ich das für ein Springseil für Entwickler gehalten. Zur Sicherheit und um eventuelle Knieprobleme auszuschließen, folgte noch eine Untersuchung mittels Magnetresonanztomographie. Ergebnis: Alles OK, das Knie an sich macht keine Probleme. Eines stand inzwischen allerdings fest: meine Marathon-Teilnahme konnte ich aufgeben, das systematische Training hierfür sollte am 27. Februar starten und der war inzwischen vorbei.
Die Blackroll™
Um das verhärtete IT-Band zu lösen empfahl der Orthopäde die Behandlung mit einer Blackroll™. Eine Blackroll™ ist eine meist schwarze, sehr harte Styropor-Rolle die es für Rund 30 Euro zu kaufen gibt und über die man sich mit dem eigenen Körpergewicht rollt. So entsteht eine Art Eigenmassage, die verhärtetes und verklebtes Gewebe lockert. Aktuell wird die Blackroll™ gerne als Wunderwaffe fürs Faszien-Training gehypt. Mir war es egal – Hauptsache es hilft und so rollte ich ab sofort jeden Abend mit meinen Oberschenkeln über die Blackroll™. Langsam wurden die Schmerzen weniger und so traute ich mich nach drei Wochen das erste Mal wieder in die Turnschuhe. Allerdings: Nach wenigen Metern waren die Schmerzen wieder da.
Physiotherapie
Am nächsten Tag ging ich erneut zum Arzt, dieses Mal mit dem Ziel, zum Physiotherapeuten überwiesen zu werden, um vielleicht dort endlich an der Ursache zu arbeiten und das Problem dauerhaft zu lösen. Das klappte und wenige Tage später hatte ich meine erste Behandlung. Und: meine Erwartung wurde bestätigt und ich hatte das erste Mal den Eindruck, dass meine Probleme zusammenhängend betrachtet und angegangen wurden. Auch hier wurde die Außenmuskulatur am Oberschenkel als Hauptursache ausgemacht – allerdings hat diese Verhärtung sowohl auf den Unterschenkel als auch ins Gesäß ausgestrahlt. Das führte in der Folge zu einer Verkürzung des Beins um rund drei Zentimeter. Um die Verhärtungen zu lösen gab’s dann Massagen. Und das war ebenfalls schmerzhaft aber extrem hilfreich.
Schon nach zwei Sitzungen merkte ich deutliche Verbesserungen. Langsam fing ich wieder mit dem Laufen an und nach dem vierten Termin beim Therapeuten war ich in der Lage 12 Kilometer am Stück schmerzfrei zu laufen. Großartig! Wie wäre es wohl gewesen, wenn ich gleich zu Anfang zum Physiotherapeuten gegangen wäre, wenn ich nicht sechs Wochen verloren hätte? Für mich steht fest: Beim nächsten Mal gehe ich zuerst zum Therapeuten – auch wenn ich das dann privat bezahlen muss. Verglichen mit dem Ärger, dem Zeitaufwand für Arztbesuche und den Zuzahlungen für Cremes und Schmerzmittel ist das in jedem Fall gerechtfertigt. Und wer weiß, vielleicht ist es ja bald sowieso möglich, im ersten Schritt auf den Arzt zu verzichten. Laut Süddeutsche Zeitung wird genau das aktuell von der Union in einem entsprechenden Positionspapier diskutiert.
Der Wiedereinstieg
Nachdem meine Beschwerden fast weg waren, machte ich mich wieder daran, intensiv ins Training einzusteigen. Es waren noch rund vier Wochen bis zum HAJ Halbmarathon in Hannover am 19. April (neues Ziel). Zuerst lief ich Strecken von fünf bis sechs Kilometern und machte kurze Intervalltraining und fuhr Rennrad. Nach cirka 14 Tagen verlängerte ich auf zehn Kilometer. Am 5. April – zwei Wochen vor dem Start – erhöhte ich auf 21 Kilometer. Auch das völlig schmerzfrei und mit einer Zeit von rund 1 Stunde und 50 Minuten. Ganz wichtig jedoch: nach jedem Lauf ging’s ab auf die Blackroll™.
HAJ Marathon Hannover 2015
Hannover spielt verrückt und wieder ist die ganze Stadt auf den Beinen. Die Straßen sind gesperrt, Zuschauer und Läufer soweit das Auge reicht und ich mittendrin. Als Läufer und nicht als Zuschauer und Fotograf wie im letzten Jahr. Los geht's um 08:40 Uhr mit dem Handbike Halbmarathon, gefolgt vom Inline Halbmarathon ab 08:43 Uhr. Um 9 Uhr startet dann der eigentliche Marathon sowie die Staffeln. Für mich geht's um 10:30 Uhr los. Dann nämlich gibt Steven Cherundolo den Startschuss zum 25. Halbmarathon Hannover. Vor mir und mehr als 7.000 anderen Läuferinnen und Läufern liegen 21,0975 Kilometer.
Vorbei am Maschsee geht’s durch die Südstadt, die Altstadt, die List und Herrenhausen. Nach 01:43:34 erreiche ich das Ziel. Ein tolles Gefühl! Es war zwar kein Marathon, aber immerhin ein halber. Noch vor sechs Wochen hielt ich auch das nicht für möglich und noch vor rund 10 Monaten hielt ich es für undenkbar überhaupt einmal eine Strecke zu laufen, die länger als einige Kilometer ist. Zu diesem Zeitpunkt nämlich hatte ich mit dem Laufen angefangen.
Auf der 42,195 Kilometer-Strecke gewann übrigens der Kenianer Cheshari Kirui Jakob (02:09:32) bei den Männern und Souad Ait Salem aus Algerien verteidigte Ihren ersten Platz bei den Frauen mit einer Zeit von 02:27:21.
Vielen Dank an die Organisatoren, die vielen Tausend Zuschauer und die vielen Läufer. Es ist in jedem Jahr wieder ein ganz besonders toller Tag in und für Hannover!
Zusammenfassung
Sicherlich hängt meine Muskelverhärtung auch mit der schnellen Leistungssteigerung und der – zumindest in Teilen – zu starken Konzentration auf das reine Laufen zusammen. Wenn ich nochmal bei 0 anfangen würde … diese drei Tipps würde ich mehr beherzigen:
- Laufumfang nur um rund 10 % pro Woche steigern.
- Intensives Dehnen nach jedem Training.
- Regelmäßiges Lauf-ABC und Stabilisationsübungen.
PS: Vielleicht klappt's dann auch mit dem „Projekt 42,195“.